Schmerzen

Schmerzen sind etwas sehr relatives.

Tagsüber, wenn Frau beschäftigt ist, dann fühle ich hier und dort ein leichtes Druckgefühl, ab und zu brennt es auch mal irgendwo, vergleichbar einem Sonnenbrand oder einer Wund gescheuerten Stelle. Im Prinzip stört es ja nicht weiter, und draussen ist das Wetter so schön und mal eben in den Supermarkt laufen dürfte doch kein Problem sein. Ok, ich tue es nicht. Vici, die einen Tag vor mir operiert wurde, und keinen liebenden Partner bei sich hat, meinte gestern auch, sie könne mal eben etwas Waschpulver und ein paar Küchenrollen auf der anderen Seite der Hauptverkehrstrasse einkaufen gehen. Kein großes Problem. Über die Straße führt eine Fußgängerbrücke. Vici also schnell mal eben die 6 Meter steile Treppe rauf, über die Strasse und auf der anderen Seite wieder runter. Als sie drüben war, merkte sie, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Sie schaffte es gerade noch wieder zurück, und sie ist sich nicht sicher ob wirklich noch alles dort sitzt, wo Dr.S. es angenäht hatte.

Ich also beschäftige mich da doch vorsichtshalber lieber mit auf dem Rücken liegen, etwas lesen, mein Nägel lackieren, oder wie gerade eben mit Blog schreiben. Und die körperlichen Aktivitäten beschränken sich darauf mal zum Fahrstuhl zu laufen, und mich im Erdgeschoss im Restaurant bedienen zu lassen.

Alles in allem eine äussertst ermüdende Tätigkeit. Und deshalb lasse ich mich dann Abends auch nach getaner Arbeit ermattet ins Bett fallen um den Schlaf der Gerechten zu schlafen.

Alles Prima, wenn da nicht dieses unangenehme Drücken in der Leistengegend wäre. Also mal eben etwas anders hinlegen, ok das Drücken ist weg, aber jetzt brennt es wieder.

Autogenes training soll ja helfen, also Flach auf den Rücken, Hände an die Seite und langsam aber sicher jedes Körperteil entspannen. Hilt prima, aber jetzt brennt und drückt es gleichzeitig.

Wo drückt oder brennt es denn eigentlich? Ok, ich bin jetzt eine Frau. Mit Vagina, großen und kleinen Schamlippen, einer Klitoris etc.

Aber was da drückt, beißt oder sonst wie weh tut, sind eindeutig noch die männlichen Geschlechtsteile. Mit Spiegel und meinen Fingern ertaste ich mir, welches „neue“ Körperteil da gerade seinen Unwillen über die Behandlung zum Ausdruck bringt. Trotzdem passiert es mir noch immer wieder, besonders wenn ich gerade geistig mit etwas anderem beschäftigt bin, dass ich versuche meinen Penis in die Toilette zu drücken, weil das Gefühl des Harndrangs noch an der selben Stelle ist, wie vor der Operation, nur dass das kein Penis mehr da ist, das Gefühl jetzt aus der neuen Klitoris kommt, und das Pipi dann plötzlich zwischen den Beinen einfach raus läuft. Frau lernt sich kennen.

Es ist ein nicht sehr angenehmer Weg, und da ich dann doch nicht den Schlaf bekomme, den mein Körper zwar bräuchte zum heilen, sind Nachts dann doch Schmerz- und Schlaftabletten angesagt.