Locmariaquer, ein ruhiger kleiner Ort am Golf von Morbihan.
Der Campingplatz „la Falaise“, auf der golfabgelegenen Seite der Halbinsel ist ein einfacher und jetzt in den ersten Septemberwochen sehr ruhiger Platz, der täglich leerer wird.
Schläfrige Stille – Fin de saison.
Aber das täuscht – es ist die Ruhe vor dem Sturm , dem Ansturm zahlloser Wohnmobile aller Marken , die ab Donnerstag hier eintrudeln!
Auffällig ist nur: die Wohnmobile sind fast ausschliesslich „Oma und Opa und villeicht mal ´nen Enkel-Modelle“, also integrierte oder teilintegrierte kleinere Fahrzeuge.
Und in den meisten Wohnmobilen sind Hunde aller Rassen, vom kleinen Edelpudel bis hin zur grossen Landstrassenmischung!
Die Menschen sind fast alle im Alter irgendwo zwischen 55 und 75 …. kaum jĂĽngere Leute und so gut wie gar keine Kinder!
Die Wohnmobile bilden bald regelrechte „Wagenburgen“ auf dem Campingplatz, und die Menschen begrĂĽssen sich, umarmen sich, KĂĽsschen-KĂĽsschen! Wortfetzen klingen herĂĽber, Gelächter ……!
Ein weiteres Wohnmobil fährt an einer Gruppe offensichtlich wartender Camper vorbei, eine Frau ruft hinterher .
„Mais ce Francois ……ollla olla Francois, nous sommes ici!“ ………..
“ Und das da, das ist doch Philippe, wo fährt der denn hin, hat der uns nicht gesehen?“ …..
„Hei, Marline, hast du dein neues Austernezept dabei?“….
„Tolles neues Womo, wieviel Liter fasst denn der Abwassertank?…..
„Wollte Paul nicht auch kommen?……
Ratschläge werden gegeben, Erfahrungen ausgetauscht:
„Die Herzmuscheln sitzen in diesem Jahr alle da drĂĽben im Sand“……..
„Die Creuses sind richtig fett, sitzen aber auch sehr fest an den Felsen dort rechts“…..
„Die Palludes sind schwer zu finden!“ – „Quatsch, man muss nur wissen, wo man suchen muss!“……..
und auch die Hunde begrĂĽssen alte Bekannte ( „Mit dem hab ich doch letztes Jahr schon den Busch da drĂĽber begossen!“)
Manche Womofahrer sind offensichtlich „Einzelgänger“ und stellen sich nicht in
Und schon bald ist die erste Boule-Partie in die Gange!
Was ist denn hier auf einmal los?
Nun, der September ist nach den Sommermonaten der erste Monat mit „R“, und somit dĂĽrfen Muscheln, Austern, Garnelen und Krebse wieder zu Fuss und mit einfachen Hilfsmitteln gesammelt werden!
Und dank Sonne und Mond und deren Einfluss auf Ebbe und Flut gibt es kurz nach Neumond eine Zeit, in der die Ebbe sehr, sehr weit abläuft und für Stunden das Watt bis zu weit entfernten Felsen begehbar ist.
In diesem Jahr sind das die Tage vom 17.-21.9., und glĂĽcklicherweise liegen die Niedrigwasserzeiten gĂĽnstig am Tage!
Und da kommen aus ganz Frankreich die Menschen hier an die Küsten der Bretagne, und besonders gerne hier nach Locmariaquer, weil hier die Bucht recht seicht ist und weite Wattflächen und viele Felsgruppen bei Ebbe freigelegt werden.
Am nächsten Vormittag geht es dann los mit dem Muschelsammeln: zuerst wandern zwei oder drei Menschen Richtung Strand, klettern ĂĽber die DĂĽne, folgen dem ablaufenden Wasser. Dann ein ganzes GrĂĽppchen, noch eine Gruppe ….. es werden immer mehr, wie eine Völkerwanderung!
Von der DĂĽne aus gesehen sieht es aus wie hunderte von kleinen Ameisen, die da ĂĽber die DĂĽne streben und ins Watt hinauswandern! Vom Campingplatz, vom Womo-Stellplatz, von den zahlreichen inzwischen vollen PKW-Stellplätzen ……….ĂĽberall strömen die Menschen ins Watt und zu den Felsen!
Alle sind „bewaffnet“ mit Eimern, Muschelkörben, Hacken, Schaufeln, Rechen , und bekleidet sind sie mit Neoprenanzug , Von der DĂĽne aus gesehen sieht es aus wie hunderte von kleinen Ameisen, die da ĂĽber die DĂĽne streben und ins Watt hinauswandern! Vom Campingplatz, vom Womo-Stellplatz, von den zahlreichen inzwischen vollen PKW-Stellplätzen ……….ĂĽberall strömen die Menschen ins Watt und zu den Felsen!Ă–ljacke, Pulli , hochgekrempelten Jeans, mit Badelatschen oder hĂĽfthohen Wadhosen – die heutige Mode erlaubt wirklich alles, was praktisch und zweckmässig ist!
Schon bald klingt ein Brummen und Summen vom Meer her …. die Stimmen, die Rufe und das Gelächter der vielen Menschen, das Bellen der Hunde ……
Man muss es erlebt haben, denn es ist unvorstellbar!
Zwei, drei Stunden später kommt langsam die Flut, und nun kommen die ersten mit Sonnenbrand und wunden FĂĽssen zurĂĽck, aber auch mit vollen Eimern und Körben, und nun werden vor den Wohnmobilen Muscheln gewaschen und Austern geöffnet, und in grossen Kochtöpfen, von Gasbrennern erhitzt, brodelt und kocht es! Die „Ernte“ muss ja nun auch verarbeitet werden – also wird nicht nur gegessen, sondern auch eingekocht!
Nachmittags ist wieder Flut – die Wellen waschen die vielen SandhĂĽgel weg, die die Muschelsucher aufgeworfen haben wie die MaulwĂĽrfe.
Die Menschen faulenzen am Strand, oder sitzen auf dem Campingplatz in fröhlichen Gruppen zusammen, und ĂĽberall auf den Wegen sieht man Boule-Spieler und hört das „Klack klack“ der Kugeln.
So geht das auch am Samstag …… und am Sonntag …..
und am Sonntag nachmittag ist der ganze „Spuk“ vorbei . Es heisst Abschiednehmen, Umarmungen, KĂĽsschen-KĂĽsschen ……… ein Wohnmobil nach dem anderen rollt vom Campingplatz, und abends ist der Platz fast leer.
Schläfrige Stille.
Und nun tatsächlich „Fin de saison“!
Ach ja, im kommenden Jahr 2010 wird die Fete vom 7.-12. September stattfinden!